Es war der 12. April 2024, ein Freitag. 16.30 Uhr, die Arbeit für die Woche ist weitgehend getan. Der Laden noch bis 18 Uhr geöffnet. Hoffentlich kommen noch ein paar Kunden, damit es nicht so langweilig wird, denke ich. Doch nix is´, alle sind wohl schon im Wochenendmodus.
Naja, schaue ich mal bei Kleinanzeigen ´rein, was es vielleicht an schönen Capri zu kaufen gibt. Oooohhhh, was ist das denn für ein attraktiver II-er? Innen und außen grün, fast wie in dem bekannten Musical: „Es grünt so grün“. Diese Anzeige muss ich mir genauer ansehen.
Aufgemacht die Annonce, wurden meine Augen immer größer und größer. Tolle Bilder, toller Zustand, komm lass´ jetzt nur noch einen Sechszylinder drin sein. Jaaaa, Volltreffer. Zwei Liter, V6, 90 PS, Ghia. Nun ja, mit Automatik. Der zieht zwar nicht die Wurst vom Teller, aber als Cruiser geht das in Ordnung und mit so einem schönen Oldtimer soll und will man ja auch nicht rasen.
Der Preis ganz annehmbar und der Capri steht auch noch in meiner Nähe. Gerade einmal 100 Kilometer entfernt. Es fehlt eine Telefonnummer, ich schreibe gleich eine Nachricht. Hoffentlich kommt eine Antwort und das bald, möchte ja um 18 Uhr das Geschäft zuschließen. Jawoll, sofort ist die Antwort da, Fragen gestellt und versucht, so bald als möglich einen Termin zum Ansehen zu vereinbaren.
Morgen 15 Uhr? Lieber früher!
Mein Kumpel von den Capri Freunden Lumdatal, der liebe Uli, muss mitfahren. Sein fachmännischer Rat ist mir sehr wichtig. Der Verkäufer schlägt den folgenden Samstag um 15 Uhr vor. Nee, das muss eher gehen. So ein schöner Capri in dieser reizvollen Kombination ist doch sicher ganz fix weg. Ich schlage 9 Uhr vor Ort vor, der Mann am Telefon ist einverstanden.
Samstagmorgen, 7.30 Uhr. Wir starten und sind eine Stunde später vor Ort. Ich zeige Uli noch einmal die Anzeige, damit er weiß, was für ein tolles Auto wir uns anschauen. Kleinanzeigen geöffnet und, und - die Anzeige ist gelöscht. Schock! Ist er schon verkauft? Was ist los? Warum ist nix mehr zu sehen?
Ah, da ist ja eine Nachricht mit der Handynummer des Verkäufers. Er schreibt: „Ich habe die Anzeige gelöscht. Viel zu viele Anfragen und Mails haben mich erreicht, mir war das zu viel.“ Erleichterung macht sich breit. Kaum gelesen, kommt der Verkäufer schon um die Ecke. Er macht die Garage auf und da steht der wunderschöne grüne Capri. Wir schieben das Fahrzeug ans Tageslicht, nach 14 Jahren Standzeit soll er nicht einfach gestartet werden. Die Bremsen sind etwas fest, aber zu dritt hat das schon geklappt.
Uli und ich begutachten ganz genau den Capri. 89.873 Kilometer auf der Uhr. Gibt es Papiere, fragen wir den Verkäufer? Tatsächlich ist das so, alles da. Der originale Brief, ein neuer Brief mit H-Abnahme, Fahrzeugschein, Abmeldebescheinigung, Scheckheft mit allen Inspektionen und Rechnungen. Die abgelesene Kilometerlaufleistung ist plausibel.
Den dürfen wir nicht stehenlassen
Der Besitzer hat den Capri im Alter von 64 Jahren 1974 als Neuwagen erworben. Es war seinerzeit wohl sein letztes Auto. Die weiteren Einträge im Brief wegen eines Umzugs und dem Übertrag auf die Ehefrau. Also erste Hand.
Ich berate mich kurz mit Uli. Er sagt: „Wenn du ihn nicht kaufst, dann ist er in ein paar Stunden weg und ein anderer hat den tollen Capri gekauft. Den dürfen wir nicht stehen lassen!“ Eine schnelle Verhandlung mit dem Verkäufer ergibt noch einen Nachlass des Preises um ein paar Euro. Handschlag, gekauft!
Ich bin jetzt ganz heiß, dieser Wagen muss ganz schnell zu mir. Aber wir sind ja nur mit dem PKW da und haben keinen Hänger dabei. So muss ich mich vier Tage gedulden. Am folgenden Mittwoch, ich konnte es kaum
abwarten, ab ins Auto mit Hänger und los nach Hanau.
Der Capri macht sofort, was er soll
Drei Stunden später steht der II-er bei mir auf dem Hof. Uli ist auch schon da. Schnell abladen und einen trockenen Platz finden, das war mein Gedanke, „Ach Edgar, komm´ wir machen etwas Sprit in den Tank und ´ne Batterie ´rein und versuchen, ihn zu starten“ sagt Uli. Gesagt, getan. Viermal georgelt, da springt er an. Was macht die Automatik? Gang rein, alles gut. Auf dem Hof hin und her gerollt, die Bremsen werden frei. Eine kleine Runde um den Block folgt. Alles gut, der Capri macht was er soll und alles funktioniert.
Wir beseitigen die Standschäden. Bremsen gängig gemacht, neue Reifen, alle Flüssigkeiten neu und schon war er startklar. Schnell noch anmelden und Spaß haben. Die kleinen Kratzer und Dellen, die der ältere Herr in den vielen Jahren hineingefahren hat, bleiben zunächst erhalten. Ist halt Patina.
In den sozialen Medien wurde übrigens noch diskutiert. „Hast du die Anzeige gesehen? Geiler Capri, geile Kombi der Farben! Guter Preis!“ Sehe ich alles exakt so. Mittlerweile bin ich 1.500 Kilometer ohne Probleme mit dem Ghia gefahren und er ist ein absoluter Hingucker. Überall Daumen hoch und er macht so richtig gute Laune. Ich fahre ihn sehr gerne und holen ihn so oft ich kann aus der Halle.
[Text & Fotos: Edgar Seipp]