Es gibt Menschen, die sammeln Briefmarken, und dann gibt es die echten Abenteurer – die, die sich einen Ford Capri zulegen wollen. Und wenn du denkst, dass das eine einfache Entscheidung ist, dann schnall‘ dich an!
Ich wurde gebeten, die schönen Erlebnisse von Walter Winkler und mir in den letzten Jahren niederzuschreiben. Wir haben uns bei der Auswahl auf die wesentlichen Erwerbe und auch auf die interessanten „Leerfahrten“ beschränkt.
Der „Goldjunge“ - Capri I
Über eine Online-Auktion wurde dieses Fahrzeug angeboten. Wie sich bei den Telefonaten mit dem Vermittler herausstellte, handelte es sich um eine Abwicklung aus einer Insolvenz. Die Erstbesitzerin Frau Scholz war mit ihrem Bekleidungsgeschäft insolvent. Zur Insolvenzmasse gehörte ihr „Goldjunge“ genannter I-er, 2000 Automatik XLR, den sie Anfang 1970 neu erworben hatte. Viele Tränen flossen beim Abschied des Capri, der nur rund 18.000 Kilometer auf der Uhr hatte.
Beim Volltanken nach der Übernahme des Capri in Paderborn kam Walter mit zwei Capri-Eis nach dem Bezahlen aus der Tanke heraus. Zwischen uns wurde dies bei allen weiteren gemeinsamen Fahrten dann Tradition. Nach der Ankunft in der heimatlichen Voreifel wurde der Wagen bis zum Capri-Treffen Bürvenich 2007 komplett restauriert. Der Zustand ist nun besser, als er im Dezember 1969 in Köln vom Band lief.
Walter hatte mit Frau Scholz bis zu ihrem Tod immer wieder Kontakt, da sie sehr an ihrem „Goldjungen“ hing.
Nach dem Capri-Kauf ein Capri-Eis. Erstmals in Paderborn von Walter und Frank genossen. Und dann immer wieder.
Umbau für die Viertelmeile
Im Jahre 2010 machten Walter, der damals zehnjährige Alex aus der Familie Winkler und ich uns mit dem Wohnmobil plus Trailer auf den Weg in den hohen Norden Dänemarks. Es wurde auf einem Online-Portal ein I-er Umbau mit 1.000 bis 1.200 PS, je nach Ladedruck und Lachgaseinspritzung, angeboten. Dieser extreme Umbau mit V8-Bigblock und Biturbo für die Viertelmeile-Beschleunigungsrennen kam aus den USA zu dem dänischen Kfz-Händler. Nach einer Übernachtung und Frühstück im Wohnmobil wurde dieses Fahrzeug am Morgen in Augenschein genommen. Der Capri wurde auf eine Bühne gesetzt und nach vielen Fragen und Erläuterungen wurde für eine Testfahrt der Motorstart vorbereitet. Es war eine sehr aufwendige Prozedur, um die mehr als 1.000 Pferdestärken auch testen zu können. Die Testfahrt sollte in unmittelbarer Nähe auf einer unbefahrenen asphaltierten Straße durchgeführt werden.
Walter und ich, nach einer ersten Fahrt über die Strecke des Verkäufers, aufgeregt in die Sitze. Auf geht’s - von der Fläche des Verkäufers zur Strecke. Kurzes „Aufbrüllen“ des Motors mit durchdrehenden qualmenden Hinterrädern und die unfassbare Energie drückte uns wie in einem Kampfjet in die Schalensitze. Was für ein Wahnsinnsgerät! Beifahrerwechsel mit Alex und ab ging die Post mit dem 10-Jährigen.
Welch´ Walzen! Trotzdem blieb der „Monster-Capri“ in Dänemark stehen.
Tief durchatmen bei einer solchen Maschine.
Doch nach einem Burnout kam der Capri aus dem Motorraum qualmend langsam zurück. Ich vermutete zuerst einen wahrhaftigen „Burnout“, einen Motorbrand. Die zwei Insassen verließen schnell das abgestellte Fahrzeug, da der Qualm bereits den Innenraum einnebelte. Nach Abkühlung des Motors wurde der Capri wieder auf die Hebebühne platziert. Ursache: das Öl aus dem Automatikgetriebe spritzte aus dem Ölmessstab des Getriebes über die heißen Turbolader (hohe Explosionsgefahr) bei der sehr hohen Umdrehungszahl des Motors.
Kaufangebote seitens Walter wurden vom Verkäufer abgelehnt. Nach einer weiteren Nacht im Wohnmobil ging es am nächsten Morgen wieder mit einem leeren Trailer zurück. Auf das Capri-Eis wurde ausnahmsweise verzichtet.
Super Injection und vieles mehr
Im Juli 2017 führte uns ein Online-Angebot nach telefonischen Vorgesprächen nach Siegen. Mit meinem damaligen BMW 325i fuhren wir zwei ohne Trailer dorthin.
Der Vorbesitzer wollte sich nicht nur vom Capri trennen, sondern hatte auch noch Ersatzteile in der Garage liegen. Nach Besichtigung und Probefahrt waren sich die Herren schnell handelseinig. Der Kaufvertrag wurde in der Küche unterschrieben. Aufgefallen waren dabei viele Capri-Modelle und eine Sammlung aus vielen Capri-Uhren, Spielen (zum Beispiel eine nie genutzte Carrerabahn mit Capri) und Lektüre. Nach einer kurzen Verhandlung darüber wurde auch hier der Handschlag durchgeführt.
Ersatzteile und Sammlung wurden im Capri sowie im BMW bis zum Dachhimmel hoch beladen, natürlich mit umgeklappten Rücksitzen. Auf der Rückfahrt durfte das Capri-Eis nicht fehlen.
Der Ghia aus Chemnitz
Drei Liter, Ghia, lecker. Dieses Fahrzeug wurde sehr lange auf einem Online-Portal mit einer sehr hohen Preisvorstellung des Händlers inseriert. Mir fiel dann zufällig an einem Tag im November 2017 eine Preissenkung von 5.000 Euro auf. Kurz Walter angerufen, der umgehend mit dem Händler Kontakt aufnahm. Gleich danach kam der Anruf von Walter: „Morgen fahren wir nach Chemnitz, den Capri holen“.
Nächster Tag, früh morgens, ging es mit einem VW Touareg und Trailer im Schlepp nach Sachsen. Am frühen Nachmittag beim Händler angekommen fanden dann die Besichtigung und Probefahrt statt. Der Capri kam aus zweiter Hand und hatte auch nur knapp über 25.000 Kilometer gelaufen. Unsere beiden Blicke kreuzten sich und signalisierten: „Kaufen!“
Bei den weiteren Gesprächen bot der Händler noch eine Hauptuntersuchung an, die unmittelbar vor dem Aufladen durchgeführt wurde. Dies war ein wirklich guter Kauf des seltenen 74ers mit der Top-Ausstattung. Auf dem Weg zurück wurde es kühl - Ihr wisst es ja, das Capri-Eis.
Traurig nach Hamburg
Walter und ich starteten am frühen Morgen des 2. Juli 2019 mit Wohnmobil und Trailer nach Hamburg, um „Jimmy“ Hendricks´ Mako abzuholen. Jimmy wollte sich aus gesundheitlichen Gründen von ihm trennen, da er einen leichten Motorschaden (Zylinderkopfdichtung) hatte. Beim telefonischen Vorgespräch bot Jimmy Walter die Übernahme des Autos an, da der Mako lange Zeit in der Winkler´schen Werkstatt gewartet wurde. Walter nahm das Angebot sofort an.
In Hamburg angekommen wurde der Wagen aus seiner Garage geborgen und auf den Trailer verladen. In der guten Stube wurden der Kaufvertrag aufgesetzt sowie alle Unterlagen und ein großes Ersatzteilpaket zum Mako gesichtet und übernommen. Es war für uns alle eine sehr traurige Situation. Gegen Abend haben wir die Heimfahrt zum neuen Standort Wollersheim angetreten. Klar, es gab noch eine bekannte kalte Erfrischung auf die Hand.
Zakspeed für die Straße
Welch´ Walzen - wieder. Der Gruppe 5-Look dieses Capri ist beeindruckend. Die Tauglichkeit für den innerstädtischen Verkehr darf allerdings bzweifelt werden...
Ich meine durch einen Hinweis von Klaus Lobien wurde Walter auf die Restauration eines Umbaus vom 2.8 Injection zum Gruppe 5-Zakspeed-Look aufmerksam gemacht. Dieser sollte verkauft werden. Also im Februar 2019 auf zum Verkäufer ins Ruhrgebiet. Bei der Besichtigung mit den Gesprächen stimmten die Vorstellungen des Verkäufers jedoch mit Walters Ideen nicht überein. Es war trotzdem ein sehr interessanter Besuch, der ebenfalls mit einem Capri-Eis abgeschlossen wurde.
Einer der ersten Injection
Über die Plattform Facebook wurde ich im August 2020 auf ein sehr interessantes Händlerangebot eines 2.8i in der Nähe des Hockenheimrings aufmerksam. Erste Hand, wenige Kilometer, rund 20 Jahre Standzeit in einer Garage. Die Erben übergaben den Wagen an den Händler zur Wiederbelebung mit anschließendem Verkauf.
Also kurze Info an Walter, der sofort mit dem Händler telefonierte. Hier erfuhr er noch viele Details mehr über die Reaktivierung des Fahrzeuges. Es wurde für den kommenden Tag ein Besichtigungstermin vereinbart, den wir mit meinem BMW gemeinsam wahrnahmen.
Der Händler präsentierte uns einen sehr schönen 81er Injection, bei dem die Innenausstattung wie vom Band war. Alles weitere war ebenfalls in einem super Zustand. Alles wie neu! Nach sehr schwierigen Verhandlungen und Rückversicherung bei den Erben wurde das Geschäft besiegelt. Mit einem roten 06er-Kennzeichen durfte ich den Capri die erste Hälfte des Heimwegs chauffieren, ein wahrer Genuss. An einer Raststätte der Fahrerwechsel und es folgte unserer Tradition gemäß die orangenfruchtige Erfrischung.
Mako mit wenig Kilometern
Im Mai 2023 wurde folgendes Online- Angebot offeriert: Mako V8 mit 24.737 Kilometern belegbar. Gebaut 1979, elf Jahre später abgemeldet. Seither in einer trockenen Garage stehend. Der Motor dreht, sollte aber auf Grund der langen Standzeit revidiert werden. Die Substanz der Karosserie sehr gut, Originallack. Aus erster Hand und sämtliche Dokumente inklusive des Kaufvertrags vorhanden. Vermutlich der letzte gebaute Mako-Capri.
Nach kurzem Telefonat ging es sofort am nächsten Tag mit Wohnmobil und Trailer in die Nähe von Hagen. Vivian und Sebastian erwarteten uns schon mit Kaffee und Kuchen. Einfach unbeschreiblich netter Empfang bei schöner Atmosphäre, perfekt, um die Verhandlungen zu führen. Der Mako wurde von dem Ehepaar nach dem Tod des ersten Besitzers übernommen und sollte nach der langen Standzeit wiederbelebt werden. Durch Zuwachs in der Familie entschied sich das Paar aber doch zum Verkauf. Die preislichen Verhandlungen, mit einigen Tränen bei Vivian, wurden aber dann mit einem Glas Sekt abgeschlossen.
Die Verladung des Mako mit einer Winde auf den Trailer wurde sehr aufmerksam durchgeführt, um Beschädigungen des Spoilers zu vermeiden. Heim ging alles ohne Probleme sowie auch der Abschluss mit unserer Eistradition.
Möglicherweise der letzte Mako-Capri.
Walter und Frank - wie die Teenager
Walter und ich haben noch weitere Capri gemeinsam besichtigt, die aufgrund der Fülle nicht beschrieben worden sind. Einige sind auch bereits bei neuen Besitzern und erfreuen diese. Wir halten nach weiteren Capri- Erlebnissen Ausschau.
Wie waren nun unsere ersten Begegnungen bei allen Besuchen? Es ist ein wenig wie ein Teenager, verliebt in die neue Mitschülerin. Schüchtern und aufgeregt. Das ist der Moment, in dem man denkt: „Das wird mein neuer weiterer Freund.“ Am Ende des Tages kann der Ford Capri mehr als nur ein Auto sein – er ist ein Lebensstil, eine Entscheidung, die dich in die Welt der sozialen Kontakte und mit aufwendigen sowie wunderschönen gemeinsamen Erlebnissen führt.
Aber hey, wer braucht schon einen stressfreien Alltag, wenn man die Straße mit einem Klassiker erobern kann?!
[Text: Frank Lehmann - Fotos: Walter Winkler & Frank Lehmann]