„Die Wetterlage. In dieser Woche wechseln sich Schneeregen und Schneefall ab. In den Höhenlagen ist mit Dauerfrost zu rechnen. In den tiefen Lagen besteht Glatteisgefahr.“ Ein Wetter zum Weglaufen, keinesfalls zum Fahren mit einem Oldie. Soweit ist das völlig klar.

Die Vorgeschichte: Im November 2014 fiel in der Redaktion der Auto Bild Klassik in Hamburg – dort bin ich unter anderem als freier Journalist tätig - der Beschluss, in der März-Ausgabe 2015 insgesamt 20 Seiten unter dem Titel „NRW-Spezial“ zu platzieren. Ein wesentlicher Teil darin solle aus einer Reise bestehen. Von Werk zu Werk, in zwei der beliebtesten Autos, die jemals in Nordrhein-Westfalen entstanden.

Eine Reportage in der Auto Bild Klassik machte es nötig: Fünfmal an einem Tag geht es für den Capri die Rampe des Cargo-Transporters rauf und runter.

Mit einem Opel GT und einem Ford Capri der ersten Generation – gerne in kräftigen Farben - könne die Reise am gerade stillgelegten Opel-Werk in Bochum beginnen. Danach kurvig durch die nördlichen Ausläufer des Bergischen Landes zum produzierenden Ford-Werk in Köln. Die Inhalte haben die beteiligten Redakteure bis zum Ende der ersten Februar-Woche abzuliefern. Ich bin im Rahmen dieses Projekts zunächst nicht mit der besagten Reise beauftragt.

Vier Wochen später: Es meldet sich der Kollege, der die Reise der beiden schönen Autos organisiert und schreibt. Seine Anfrage bei Opel in Rüsselsheim nach einem Werks-GT ist ins Leere gelaufen. Mit Bochum will bei Opel nach dem Krach um die Werksschließung niemand mehr was zu tun haben. Außerdem sei das doch eher eine ungünstige Jahreszeit für ein solches Unternehmen. Bei Ford besitzen sie den schon zigmal in Veröffentlichungen gesehenen 2,6 RS in schwarz-gelb, der soll es nicht schon wieder sein. „Marc, fällt Dir dazu was ein?“ Grundsätzlich schon. Aber: Jetzt vor dem Fest kriege ich das zeitlich nicht mehr gestemmt. Im Januar bin ich zehn Tage beim Skifahren. Da bleiben nur noch wenige Tage übrig. Und vor allem: Ist Euch allen klar, dass Winter ist?

Die folgende Diskussion dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob sich wohl „unerschrockende“ Eigner der gewünschten Fahrzeuge aus dem Großraum Köln-Bochum finden lassen, die nicht zusammenzucken, wenn ihr Fahrzeug mal nass wird. Ich habe die top-gepflegten Einser vor Augen, wie sie auf der Club-Ausfahrt 2014 in der Eifel zu sehen waren, und bremse die Kollegen ein. Ich fürchte, auf eine entsprechende Anfrage wird man mich, je nach Temperament des Gefragten, nach meinem Gemütszustand fragen oder schlicht auflegen. Aber ich bin mit im Boot bei der Auto Bild Klassik, es gilt lösungsorientiert zu denken.

Der Kompromiss: Ich schlage meinen nicht-farbkräftigen, weil silbergrauen, Capri vor und bringe außerdem eine GT-Fahrerin ins Spiel. Dieser sehr guten Freundin konnte ich zuvor das Einverständnis zu dieser Produktion abringen. Klare Ansage: Wir machen es auch bei Regenwetter. Bei Eis und Schnee aber wird’s nix.

Die Wetteraussichten an den anvisierten Tagen Ende Januar, Anfang Februar 2015: „In dieser Woche wechseln sich Schneeregen und Schneefall ab. In den Höhenlagen ist mit Dauerfrost zu rechnen. In den tiefen Lagen besteht Glatteisgefahr.“ Streusalz inklusive. Was nun? Ich spreche mit der Redaktion in Hamburg. Es muss umdisponiert werden, auf eigener Achse kann bei diesen Verhältnissen nicht gefahren werden. So wird eine Spedition gesucht, die mit einem geschlossen Lkw GT und Capri am festgelegten Tag befördert. Und gefunden.

Millimeterarbeit: Mein Kollege Jan-Hendrik Muche (rechts, Verfasser der Geschichte) und ich wachen darüber, dass der Einser mit dem Blech keinen Bodenkontakt bekommt.

Beim GT geht es dank kürzen Radstands leichter über die Kante zwischen Transporterboden und Rampen.

Der Produktionstag: Noch in der morgendlichen Finsternis eines kalten Februar-Tages rollt der Cargo-Transporter in Oberhausen vor. Der steht auf deutlich kleineren Rädern als ein klassischer Hänger. Dennoch ist der Höhenunterschied zum Boden, der mittels Auffahrrampen zu überbrücken ist, immens. Zumindest für den Laien, besonders aber für den besorgten Fahrzeugbesitzer. Ob ich selbst hineinfahren möchte? Nein, nein, schon aus Versicherungsgründen lehne ich das ab. Leichtes Schwitzen bei etwa null Grad, als die Langnase die Rampe hinauffährt. Beim Capri ist das in diesem Fall nicht unproblematisch. Der Fahrzeugboden kommt der Laderampe so nah, dass da das oft zitierte Löschblatt nicht mehr dazwischen passen würde. Und diese Situation wird sich noch viermal wiederholen. Wir haben das ursprünglich geplante Fotoprogramm zwar gestrafft, das Motiv „Bergisches Land“ wurde aus Zeitgründen ersatzlos gestrichen. Aber in Bochum, an einer historischen Tankstelle in Hattingen und in Köln müssen die Autos raus und wieder ein. Und am Ende des Tages auch letztmals hinaus. Beim GT geht’s deutlich entspannter, der kürzere Radstand lässt den Opel ohne Mühe über die Rampe rollen.

Vor dem stillgelegten und inzwischen in großen Teilen abgerissenen Opel-Werk Bochum beginnt die Fotosafari mit GT und Capri.

Fotograf Marcus Gloger setzte die beiden Oldies ins rechte Licht.

Schöne Rücken – zum Entzücken.

Die Voraussetzungen ungünstig, gemessen daran wird es ein prächtiger Tag. Capri und GT kommen frei von Schäden durch die Produktion. Da ist es zweitrangig, dass allen beteiligten fünf Menschen (der Schreiber der Geschichte, der Fotograf, der Fahrer des Lkw, GT-Besitzerin Melanie Lehmann und ich) nicht sehr warm ist. Wir kommen sogar ohne Niederschlag über die Runden. Erst als die beiden Fotomotive, gerade verladen, Köln wieder in Richtung Ruhrgebiet verlassen, geht es los. Peitschender Regen in der Domstadt, Schneeregen auf der A1 im Bergischen Land. Beim Ausladen ist es wieder trocken. Und die Geschichte ist im Sack!

Auch von vorn ein hübscher Anblick.

Halt an historischer Tankstelle in Hattingen.

Am Ziel in Köln, im Hintergrund die denkmalgeschützte Halle direkt am Rheinufer.

[Text: Marc Keiterling - Fotos: Melanie Lehmann, Marcus Gloger]